Foto: Brook Ward
Surfer schwer verletzt nach einem Hai-Angriff in Esperance
In meiner Heimatstadt Esperance herrscht helle Aufregung, seitdem der 23-jährige Surfer aus Bunbary von einem Hai angefallen wurde. Ich befand mich zu dieser Zeit im Urlaub mit meinen Kindern. Aber der Buschfunk funktioniert in Australien prima: Eine nette Dame berichtete mir davon auf einem Spielplatz, etwa 600 km von der Unglückstelle entfernt. Falls du noch nichts in den deutschen Nachrichten gehört hast, hier ist eine Zusammenfassung:
Sean Pollard surfte alleine am 2. Oktober 2014 am Kelp-Beds-Strand in Wylie Bay, östlich von Esperance und wurde dabei von einem Hai angegriffen. Der Hai trennte dem Surfer einen Arm oberhalb des Ellbogens ab und die andere Hand am Handgelenk. Trotz seiner schweren Verletzungen, schwamm Sean 100 m zum Strand. Unglaublich! Was für ein hervorragender Schwimmer!
Sean hatte Glück, dass sich mehrere Leute am Strand aufhielten, darunter auch seine Freundin. Zwei Männer liefen ihm entgegen und halfen ihm die letzten Meter aus dem Wasser. Eine Rettungssanitäterin, die an ihrem freien Tag mit ihrer Familie den Strand genoss, leistete gemeinsam mit weiteren Strandgängern erste Hilfe und rettete somit sein Leben.
Der Surfer wurde zunächst ins Esperance Krankenhaus transportiert und später mit den Royal Flying Doctors nach Perth zum Royal Perth Hospital geflogen, wo er sich nach 2 Operationen von der Hai-Attacke erholte. Was für eine schwere Zeit für Sean und seine Familie!
Der Strand sowie einige Strände in der Nähe wurden nach dem Angriff sofort gesperrt und die Jagd nach dem Übeltäter begann. Seans Surfbrett wurde aus dem Wasser gefischt und die Beißspuren weisen darauf hin, dass sie höchstwahrscheinlich von einem Weißen Hai verursacht wurden.
In Australien stehen gefährdete Haiarten unter Naturschutz, darunter auch der Weiße Hai. Da in Westaustralien in den letzten 10 Jahren 10 Todesfälle aufgrund von Hai-Angriffen erfolgten, beschloss die Regierung Westaustraliens zu Beginn dieses Jahres, dass Haie getötet werden dürfen, wenn sie eine unmittelbare Bedrohung darstellen. Deshalb wurden direkt nach dem Angriff 2 Weiße Haie, die sich in der Nähe der Unglücksstelle aufhielten, gefangen und getötet. Die Haie wurden nach Perth transportiert und dort untersucht. Es konnte aber nicht nachgewiesen werden, dass einer der beiden Haie für Seans Verletzungen verantwortlich war. Allerdings wurden seitdem keine Haie mehr an den Stränden in der Umgebung von Esperance gesichtet.
Im Osten Australiens ist es dagegen gang und gäbe, dass beliebte Strände durch Hainetze und Drumlines (beköderten Unterwasserfanghaken für Haie) geschützt werden. Als die Regierung Westaustraliens im letzten Sommer Drumlines an den Stränden von Perth einführte, erfolgten lautstarke Demonstrationen, sodass dieses Jahr keine Drumlines eingesetzt werden.
Die Nachricht über die Tötung der Haie sorgte für heiße Debatten unter der Bevölkerung von Esperance. Es gab Leute, die erleichtert waren, dass die Haie getötet wurden, denn schon einige Wochen lang vor dem Angriff wurden die 2 Weißen Haie an mehreren Stränden in der Umgebung gesehen und sie erschreckten Surfer, Schwimmer und Kanufahrer, griffen aber vorher niemanden an. „Nur ein toter Hai ist ein guter Hai“, sagten mehrere Facebook-Benutzer.
Dann gibt es andererseits die Umweltschützer, die auf keinen Fall mit der Tötung der Weißen Haie einverstanden waren und ihre Meinung lautstark verkündeten. Angeblich erhielten die Mitarbeiter der Fischereibehörde, die mit der Haitötung beauftragt war, sogar Morddrohungen.
Von Juli bis Oktober besuchen Wale die geschützten Buchten vor Esperance und gebären hier ihre Jungen. Haie werden angelockt und fressen die Nachgeburt sowie schwache Walbabys. Deshalb meinten einige Facebook-Benutzer, dass jeder Surfer, der sich zu dieser Zeit ins Wasser wagt, lebensmüde ist.
Auch in unserem Haushalt gab es laute Argumente. Ich bin der Meinung, man hätte die Haie nicht töten sollen. Jeder, der im Meer schwimmen geht, sollte wissen, dass Haie in der Nähe sein können. Deshalb wage ich mich auch nicht ins tiefe Wasser und hoffe, dass das Risiko im flachen Wasser ziemlich gering ist. Jeder Surfer sollte doch zumindest ein Shark Shield benutzen. Aber ich weiß auch, dass das Risiko, bei einem Autounfall ums Leben zu kommen, viel größer ist und steige trotzdem jeden Tag ins Auto ein.
Mein Lebensgefährte ist ganz anderer Meinung. „Ein Hai ist doch nur ein Fisch“, meint er. Seine Taucherfreunde erzählten ihm, dass es in unseren Gewässern aufgrund der Überfischung immer weniger Fische gibt und deshalb auch immer weniger Seehunde, welche die Hauptnahrungsquelle der Haie sind. Dafür gibt es aufgrund des Haischutzes mehr und mehr Haie, die jetzt weniger Nahrung finden und deshalb mehr und mehr Menschen angreifen. „Wir sollten aufhören Thunfisch zu fangen und stattdessen lieber Haie essen. Damit ist das Problem gelöst“, sagte er zu mir.
Was meinst du? Sollten wir wieder anfangen Haie zu töten oder sie weiter unter Naturschutz stellen?
Trotz all der Debatten fühlen die Bewohner von Esperance mit dem Surfer, der plötzlich beide Hände verlor und sein Leben als Behinderter weiterführen muss. Schon am Tag nach dem Angriff wurde begonnen, Spenden für Seans Genesung zu sammeln. Falls du auch spenden möchtest, dann wende dich an INDIEGOGO oder klicke auf Sean Pollard Appeal auf Facebook.
Genauere Informationen und Fotos über die Hai-Attacke in Wylie Bay gibt es bei Esperance Express:
- Esperance shark attack: Bunbury Man Sean Pollard suffers serious injuries | video, photos
- Esperance shark attack: Did Fisheries catch the right sharks?
- Bunbury rallies around Esperance shark attack victim Sean Pollard
- A timeline of shark attacks on WA beaches
Aktualisierung vom 15.02.2015:
Sehe dir Sean Pollards Interview bei 60 Minutes an!